Die Faszination der Tour de France

Ich habe mir heute die 14. Etappe der diesjährigen Tour de France fast vollständig angeschaut und es war ein großartiger Krimi. Der im Gesamtklassement auf PLatz 3 liegende Remco Evenepoel (Belgier) musste krankheitsbedingt 100 Km vor Schluss aufgeben und der erst 24 Jahre alte deutsche Tourdebütant Florian Lipowitz radelte auf Platz 5 der Etappe und damit auf PLatz 3 der Tour. Ab Morgen fährt er im weißen Trikot. Das ist unglaublich. [1]

Die Tour de France fasziniert mich durch die einzigartige Verbindung aus purer Kraftentfaltung, filigraner Technik, grenzenloser Ausdauer und ausgeklügelter Strategie. Wenn ich die Fahrer sehe, die sich auf den steilsten Alpenpässen hinaufquälen, erinnere ich mich an meine eigenen Erlebnisse, wie in Ein paar Tage Österreich – also…, als ich den brennenden Widerstand in den Oberschenkeln gespürt habe.

Die technische Finesse beeindruckt mich ebenso: Genauso wie beim Setup meines Neues Rennrad: Canyon Ultimate CF SL 7 AXS+2 jonglieren die Profis mit Gängen, Bremsen und Aerodynamik, um jeden Watt optimal zu nutzen – ein lebendiges Lehrbuch für mich. Meine Restaurierung des Vintage-Rennrad Motobécane Champion hat mir gezeigt, wie sich Rennradtechnik im Laufe der Jahrzehnte entwickelt hat und wie wichtig jedes kleine Detail ist.

Gleichzeitig lehrt mich die Tour, wie entscheidend mentale Stärke und Durchhaltevermögen sind, wenn nach Stunden im Sattel alles brennt – eine Erfahrung, die ich schon bei meinen Rollrunde(n) am Montag und in Am Sonntag #2 gemacht habe, wenn Wind und Wetter mich an meine Grenzen bringen.

Und nicht zuletzt fasziniert mich die komplexe Taktik im Peloton: Sprinter nutzen Windschatten, Helfer opfern sich für ihren Kapitän und Fluchtgruppen kalkulieren Sekundenvorsprünge – eine Dynamik, die ich selbst bei den The Bodensee Days 2024 hautnah erlebt habe. :-)

Die Tour de France ist für mich weit mehr als ein Rennen – sie ist ein Synonym für alles, was Rennradfahren so einzigartig macht, und inspiriert mich, auf jeder eigenen Tour über mich hinauszuwachsen und immer wieder Neues zu lernen.

Natürlich kenne ich die Diskussion um Doping. Ich weiß, dass gerade die spektakulären Leistungen mancher früherer Champions lange Zeit von Zweifeln überschattet wurden, weil Mittel eingesetzt wurden, die jenseits aller Fairness liegen. Diese Zweifel kommen erneut wenn Tadej Pogacar scheinbar unbeeindruckt und mühelos 4 Minuten Vorsprung vor dem zweiplatzierten hat und offensichtlich unverbraucht direkt nach einer Etappe Interviews gibt, während andere fast zusammen brechen. Diese Schattenseite des Radsports hat nicht nur einzelne Karrieren zerstört, sondern auch das Vertrauen der Fans erschüttert und dem Image der Tour de France immer wieder neuen Schaden zugefügt. Doch gerade weil die Tour so viel Aufmerksamkeit und mediale Reichweite besitzt, war und ist sie auch ein Motor für Veränderungen: Anti-Doping-Behörden haben über die Jahre rigorose Kontrollen etabliert, biologische Pässe eingeführt und dafür gesorgt, dass Betrüger entlarvt werden – manchmal erst Jahre später, aber doch mit signalhafter Wirkung.

Gleichzeitig hat die Auseinandersetzung mit Doping im Peloton eine wichtige Diskussion über Ethik und Verantwortung in den Sportgemeinschaften angestoßen. Die meisten Profi-Fahrer von heute stehen für sauberen Sport, und anhand ihrer Leistungen – gemessen an Leistungsdaten, Trainingskontrollen und öffentlichen Transparenzberichten – wird deutlich, dass ehrliche Höchstleistungen möglich sind. Für mich als Hobby-Rennradfahrer ist das ein ermutigendes Signal: Es zeigt, dass wahre Leidenschaft, akribisches Training und Teamgeist ausreichen, um außergewöhnliche Momente zu schaffen, ganz ohne fragwürdige Abkürzungen. So bleibt die Tour de France ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Sport trotz seiner dunklen Kapitel immer wieder neu triumphieren kann.

[Update] In einer der früheren Etappen kam Tadej Pogacar zu Sturz - und das Hauptfeld reduzierte die Geschwindigkeit, wartete auf den Champigon und so konnte sich das Feld wieder zusammen führen. Heute, in der 15. Etappe, wurde neben Lipowitz auch Vingegaard in einen Massencrash direkt nach dem Start verwickelt, bei dem beiden nichts passierte, sie aber aufgehalten wurden.
Kurz darauf gab es eine Team-Meldung per Funk über diesen Umstand an das Hauptfeld um Pogacar mit der Bitte, die Geschindigkeit zu reduzieren. Was dank Tadej auch prompt geschah, was die Aufgehaltenen aufschließen lies. Das ist Radsport. Großartige Fairness.

Fußnoten


  1. Lipowitz-Festspiele titelt der Spiegel ↩︎

💡
Hallo Piehnat, vielen Dank dass du uns an einem kleinen Bisschen deiner Lebensgeschichte teilhaben lässt.

Was vom Radsport übrig blieb und andere Konstanten

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