Kleinanzeigen - Wir brauchen Alternativen

Kleinanzeigen - Wir brauchen Alternativen

Die Plattform hat sich über die Jahre stark verändert – sowohl technisch als auch hinsichtlich der Nutzungsweise und der Nutzerstruktur. Ich habe mich mal wieder sehr aufgeregt und deshalb diesen kleinen Artikel geschrieben. Am Ende steht für mich fest: wir brauchen Alternativen.

Kurze Geschichte von eBay Kleinanzeigen / Kleinanzeigen.de

  • 2009: Start von eBay Kleinanzeigen als kostenlose Plattform für private Anzeigen, gedacht als Gegenentwurf zur Auktionsplattform eBay.
  • 2010er Jahre: Große Beliebtheit, vor allem durch:
    • regionale Ausrichtung
    • einfache Nutzung
    • kostenlose Anzeigen
    • kaum Regulierung
  • 2020: Verkauf von eBay Kleinanzeigen (und Mobile.de) an Adevinta, ein norwegisches Medienunternehmen (u.a. auch Willhaben.at, OLX, Leboncoin.fr).
  • 2023: Umbenennung in Kleinanzeigen. Der Name "eBay" entfällt, das Design wird überarbeitet, neue Funktionen eingeführt (z. B. Bezahlsystem, Versandabwicklung). Prinzipiell bleibt es schlicht und klar, so wie immer. Ein Anzeigenbrett im Vorraum einer Kaufhalle.

Was hat sich verschlechtert?

1. Mehr Betrug und Scamming

  • Professionelle Betrüger (oft international organisiert) agieren mit Phishing-Links, Fake-Zahlungsaufforderungen und gefälschten Versandportalen.
  • Nutzer:innen müssen viel aufmerksamer und kritischer sein, um nicht Opfer zu werden.

2. Kommerzialisierung

  • Viele professionelle Händler und Wiederverkäufer dominieren die Plattform.
  • Private Verkäufer:innen sind oft in der Unterzahl oder haben keine Chance gegen algorithmisch gepushte Shops.

3. Überhöhte Preise

  • Statt "Flohmarkt-Feeling" herrscht teils eBay-Reseller-Mentalität.
  • Viele Artikel (z. B. Elektronik, Fahrräder, Möbel) werden fast zum Neupreis angeboten.

4. Benutzeroberfläche & UX

  • Die neue App wirkt unübersichtlich.
  • Viele Werbeanzeigen, aggressive Vorschläge für "Käuferschutz" und "Sofort Kaufen".
  • Die Desktop-Version wurde stark vereinfacht, was viele Funktionen unzugänglich macht.

5. Community-Faktor schwindet

  • Früher war das eher eine Nachbarschafts-App. Heute oft unpersönlich, mit wenig Vertrauen zwischen Nutzer:innen.

Status Quo von Kleinanzeigen.de (2025)

  • Marktführer im Bereich Kleinanzeigen in Deutschland.
  • Wird dennoch zunehmend kritisch gesehen – insbesondere von langjährigen Nutzer:innen.
  • Immer noch hohe Reichweite, aber deutlich weniger Freude an der Nutzung.
  • Große Lücke zwischen Plattformpotential und tatsächlichem Erlebnis.

(Gute) Alternativen zu Kleinanzeigen

1. Quoka.de

  • Ältere Plattform, ähnlich wie Kleinanzeigen, mit regionalem Fokus.
  • Weniger kommerzialisiert, aber auch weniger Reichweite.
  • UX ist altbacken, aber funktional.

2. Willhaben.at (für Österreich)

  • Gehört zum selben Konzern wie Kleinanzeigen
  • Extrem populär in Österreich.
  • Sehr gutes UX, große Reichweite, wenig Betrug.
  • Nur bedingt brauchbar in Deutschland (maximal in Grenzregionen).

3. Facebook Marketplace

  • Große Reichweite, besonders lokal.
  • Viele spontane Verkäufe und Flohmarktartikel.
  • Aber auch: viele Fake-Accounts und unstrukturierte Kommunikation.
  • Ich persönlich lehne Meta/Facebook ab und nutze auch den Marketplace nicht

4. Kleiderkreisel / Vinted

  • Speziell für Kleidung, Accessoires und kleinere Dinge.
  • Sehr sicher durch eigenes Bezahlsystem.
  • Hohe Gebühren und eingeschränkte Kategorien.

5. Nebenan.de

  • Lokales soziales Netzwerk, nicht primär für Verkäufe gedacht.
  • Viele private Angebote, oft mit Vertrauen innerhalb der Community.
  • Stark wachsend, aber keine klassische Kleinanzeigenplattform.
  • Es bedarf einer großen Stadt, damit Nebenan.de überhaupt funktioniert.

Fazit

Die Entwicklung von Kleinanzeigen ist ein Beispiel für die Kommerzialisierung und Plattformisierung des einst so charmanten Gebrauchtwarenmarkts. Was als freundliche Nachbarschafts-App begann, ist heute ein unübersichtlicher Hybrid aus Flohmarkt, Shop-System und Verkaufsplattform mit vielen Fallstricken geworden. Überall nervt Werbung und belastet die Benutzererfahrung. Ebenso verhält es sich mit gierigen Nutzern die aus jedem Stück Sperrmüll Geld machen wollen oder trickreichen Betrügern, die an jeder Ecke scammen. Keiner vertraut niemandem mehr. Keine gute Grundlage.

Trotzdem gibt es keine richtigen Lichtblicke: Lokale Plattformen, spezialiserte Dienste und selbstorganisierte Gruppen gewinnen ein bisschen an Bedeutung, aber das reicht noch lange nicht aus. Wir brauchen Alternativen zu Kleinanzeigen.



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