Picture Postcards from LA

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Ich habe durch einen glücklichen Zufall Postkarten erhalten, die mal an mich adressiert waren, und das ist ca. 20 Jahre her. Cooler Aufmacher, oder?

Aber der Reihe nach. Um das Jahr 2007 herum lebte ich mit meinem Kumpel in einer WG in der Geisterstadt, wie ich sie gern nenne. Es war eine aufregende Zeit, ich war Studierender, ständig passierten neue Dinge und das Leben war einfacher und schön. Mein WG-Mitbewohner und bester Freund ging dereinst bereits einer festen Lohnarbeit nach und so trug es sich zu, dass es mir von überall auf der Welt, und wir reden hier von den Südstaaten Europas, vielen Orten in Afrika und auch mehreren Jahren in den USA, Postkarten schickte. Aber nicht nur er. Auch meine damalige Freundin(nen), Oma Gitti oder meine Eltern. Offensichtlich.

Doch genug dieser ausufernd-einführenden Worte, es ist eigentlich auch völlig egal wie diese Briefe und Postkarten zustande kamen. Wichtig ist, dass es sie gab. Und diese lange schon aus meinem Gedächtnis getilgt waren. Verschwunden. Denn ich ließ sie beim Auszug aus der WG offensichtlich einfach dort. Abwertend. Nicht näher begutachtend. Arrogant. Vielleicht einfach in einer Überheblichkeit in der man sich nur befinden kann, wenn man weiß dass man das ganze Leben noch vor sich hat, ein besonders großes Ego und vor allem auch sonst auf der Überholspur steht. Vermeintlich. Aber das ist ja oft so. Also gut, wir klären an dieser Stelle nicht mehr genau, warum ich diese Postkarten zurück ließ oder warum sie mir nicht so wichtig erschienen, aber es lag an mir.

Einem glücklich Umstand, oder der Akribie meines ehemaligen Mitbewohners und besten Freundes ist es zu verdanken, dass er eben jene Postkarten nicht einfach entsorgte als auch er einige Jahre später diese einst gemeinsame Wohnung (die er dann mit seiner heutigen Ehefrau bewohnte) verließ, sondern sie sorgsam abnahm und in einer Kiste verstaute. Einer Umzugskiste vielleicht. Er zog damals innerhalb der Stadt um, wahrscheinlich landeten diese 30 Postkarten in einem Karton im Keller und blieben dort --> verstaubt. Aber sicher. Im Keller der Geschichte.

Und dann, wie so oft, ereignete sich auch in seinem Leben eine Art Zäsur. Ein Lebensereignis, was dich alle deine Eventualitäten und vielleicht auch ein gewisses Innehalten oder verharren, einfach beiseite schiebt und sich in den Vordergrund stellt. Und dafür sorgt dass du nicht mehr einfach nur inne hältst, vor dich hin lebst oder gar nur existierst. Und dieses Ereignis war der Umzug hin zum Elternhaus seiner Partnerin, weit weg von unserem gemeinsamen WG-"Zuhause". Und er nahm die Postkarten mit. Er nahm sie mit und bewahrte sie auf. Wo auch immer, wie auch immer. Darüber haben wir nämlich bei unserem Treffen gar nicht gesprochen. Aber sicherlich-vielleicht sind sie ihm im Zuge einer Aufräumaktion in seinem neuen Haus in die Hände gefallen, er sah sie durch (Postkarten sind wie Emails, es gibt kein Briefgeheimnis) und erkannte, dass ich in meiner damaligen Arroganz (und fehlenden Reisetätigkeit) einfach keine Postkarten an unsere WG gesendet hatte, er aber um so mehr. Und so dieser beachtliche Stapel an mich adressierte Postkarten zustande kam.

Und dann entschied er, vielleicht mit zutun seiner Partnerin oder der Katze, diese mir zu übergeben. Dafür bin ich sehr dankbar. Denn diese Postkarten bedeuten ein wirklich beachtliches Stück. Sie bedeuten nämlich einen ganz großen Teil, also einen zeitlich besehen eher kleinen Teil von nur vielleicht 4 Jahren, aber lebenstechnisch und qualitativ eben doch sehr wichtigen Teil eines Lebens. Und nun habe ich diese Karten wieder.

Und warum ich euch das überhaupt so ausführlich erzähle, liegt einzig und allein daran, dass mein bereits 2012 verstorbener Freund Helge, er starb an Knochenkrebs, mir einmal eine Postkarte schickte, aus dem Harz und ich habe die Umstände dazu Vergessen - aber diese Postkarte ist nun wieder da. Sie ist dank meines Mitbewohners' Umsichtigkeit wieder in meinem Gedächtnis. Und ich bin froh und glücklich über diese Meldung aus der Vergangenheit.

A Letter from the Past.

Einer von uns ist nicht mehr da
Einer von uns ist nicht mehr da - dabei dachten wir doch, wir wären unsterblich? Unbesiegbar? Oder zumindest dachte ich das immer, für uns beide. Wir können nicht vergehen! Sterben, das tun die anderen, die Alten, die Säufer, die Rockstars, die schlechten Menschen! Nicht aber wir! Wir doch nicht? Unser
Absolute Giganten
“Weisst du was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem was du machst. Und wenns so richtig scheisse ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle wo, wo es am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.”


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